Tag 2 – Halt bei den Calçots – ein kulinarisches Fest
Leises Klappern ist aus der Küche zu hören, für Frühstück ist es leider noch zu zeitig, als wir in der Frühe nach ein paar Stunden Tiefschlaf unser Hotelzimmer verlassen… Mitten im Flur steht ein Stuhl und auf diesem eingerollt, zufrieden und tief schlafend liegt eine schwarz-weiße Katze und schnurrt leise vor sich hin. Auf Zehenspitzen gehen wir an ihr vorbei und gönnen ihr den Schlaf, den wir abgebrochen haben.
In der nächsten Raststätte sind wir mit die Ersten, die Putzfrauen gehen sogar noch durch die Räume. Eine große schöne Kaffeemaschine und das lächelnde Fräulein hinterm Tresen bereitet Karin einen duftenden braunen schaumigen Espresso zu und mir einen Café au lait anstelle meines üblichen Cappuccino. Für Karin gibt es dazu eins der köstlichsten Croissants der Welt. Warm, weich, süß, himmlisch – wie sie sagt. Mir selbst ist es nach einem Ziegenkäsebaguette, das ich mir mitnehme. Merci, merci, merci! Dann machen wir uns endgültig auf gen Spanien. 450 km und 5 Stunden Fahrt. Ein Katzensprung im Vergleich zu gestern.
Straßenschilder mit Ortsnamen wie Nimes, Avignon und Aix-en-Provence fliegen an uns vorbei.
Bei Montpellier geht die Sonne über dem Meer auf und macht uns glauben, dass sie es in dieser Schönheit heute nur für uns tut. Links das glänzende Meer und rechts die schneebedeckten Berggipfel der Pyrenäen. Was für ein Morgen!
Die Autobahn ist leer und gut ausgebaut. Eine Freude, auf ihr zu fahren. Man zahlt dafür und zahlt es gern. Als wir über die Grenze nach Spanien fahren, bin ich wie immer begeistert, dass wir einfach „so“ rüberfahren können. Keine Pässe zeigen, keine Kontrollen. Entlang der Costa Brava und damit Cadaques, Roses, Empuriabrava, L´Escala, Palamòs, Tossa de Mar – Orten, die nach Urlaub, Sommer und Meer – klingen, nehmen wir nicht die Strasse gen Lloret de Mar, sondern fahren ins Landesinnere.
Wer Katalonien nur von der Küsten her kennt, verpasst ungeahnte Perlen wie z.B. die Stadt Girona, den gesägten Berg (Montserrat) oder Naturparks wie das von der UNESCO ausgezeichnete Biospährenreservat Montseny. Heute sind wir aber nicht wegen der Landschaften da, sondern werden in Sils schon von meiner Freundin Loreto sehnsüchtig erwartet .
Nach einem ausgiebigen Hallo und vielen Umarmungen, fahren wir weiter ins Landesinnere, erst über asphaltierte Strassen, dann über einen Waldweg und sind plötzlich da: in Bescanó in einem alten Landhaus und dürfen an einem wahren kulinarischen Genuss teilnehmen: einer Calçotada, dem traditionelem Fest der ersten Zwiebelernte. Es ist meine erste, obwohl ich diesen Landstrich schon so viele Jahre bereise. Aber ich war noch nie im Februar da und habe Rauhreif auf den Feldern und Wiesen gesehen. Jetzt in der Mittagssonne sind es wunderbare 16 Grad.
Und dann beginnt das Fest und wir lassen uns ein auf dieses für diese Jahreszeit so typische Gericht.
Die Calçots sind vom Aussehen her eine Mischung zwischen Frühlingszwiebeln und dünnem Porree, schmecken leicht süß und überhaupt nicht „zwiebelig“. Gegrillt sind sie weich und zart. Sie zu essen ist eine unglaubliche Schweinerei, da die calçots über dem offenen Feuer gegrillt werden und voller Ruß und damit schwarz sind. Mit bloßen Händen wird die äußere Hülle abgezogen, die Calçot in diese umwerfende Salvitxada, eine Sauce aus gerösteten Mandeln und Haselnüssen, gerösteten und rohen Knoblauch, Paprika, Pfeffer, gegrillten Tomaten, Öl, Salz, Essig, getunkt und dann über Kopf gegessen.
Glück, ein anderes Wort gibt es nicht dafür! Pures Glück und Genuss! Das liegt nicht zuletzt daran, dass es laut und lustig zugeht und jeder mit jedem redet. Wir essen, trinken Wein und lachen über unsere Lätzchen, die wir zum Schutz vor Russ und Sauce tragen. Ich bin schon satt, da erfahre ich, dass die Calçots die Vorspeise sind. Das hätte ich mir denken können, habe ich aber nicht. Es gibt es noch Fleisch vom Grill, Koteletts, Würstchen. Hilfe! Diet always starts tomorrow! Ein herrlicher Tag!
Karin und ich beschließen, dass die Salvitxada unbedingt in unser Kochbuch gehört.
Suppen nicht nur Eintöpfe, Brühen und Breie sondern auch Saucen. In diesem Sinne haben wir heute unser erstes Rezept für unser Buch aus erster Hand kennengelernt und notiert – das der Salvitxada.
